Heimische Landwirtschaft bewahren
Bundesobmann Markus Konrad im Interview für das Bauernjournal: Konsumenten sollen bewusst mehr auf Regionalität zurückgreifen.
Markus Konrad, Obmann Arge Meister Österreich (links) im Gespräch mit einem Berufskollegen (rechts). © ARGE Meister |
Markus Konrad, Obmann Arge Meister Österreich (links) im Gespräch mit einem Berufskollegen (rechts). © ARGE Meister |
Markus Konrad, seit 2015 Obmann der Arge Meister Österreich, hat die jetzige Corona- Krise zum Nachdenken genutzt, was man nach dieser Zeit besser machen könnte als bisher. Die Arge vertritt rund 35.000 geprüfte Meisterinnen und Meister aller land- und forstwirtschaftlichen Berufe. Das „BauernJournal“ sprach mit ihm.
„Nach dem völligen Stillstand der Wirtschaft sehe ich zwei Linien: Die einen wünschen Veränderungen,
die anderen wollen so schnell wie möglich im selben Tempo wie vorher weitermachen. Ich finde, wir hätten genau jetzt die beste Möglichkeit, etwas zu verändern“, fasst der steirische Schweinebauer
und Direktvermarkter Konrad kurz zusammen. Er holt etwas aus: „Seit Jahrzehnten sind die Lebensmittelproduzenten mit der Tatsache niedriger Erzeugerpreise konfrontiert. Vor dem EU-Betritt hat eine strikte Marktordnung dafür gesorgt, dass die Landwirtschaft vor ausländischer Konkurrenz geschützt war. Gleichzeitig achtete die Politik auf volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise, wie die Preiskontrolle damals bezeichnet worden ist. Spätestens mit dem EU-Beitritt wusste man, dass dieses System nicht haltbar sein wird.“
Freie Marktwirtschaft
Konrad weiter: „Als dann mit dem EU-Beitritt die freie Marktwirtschaft kam, war alles anders. Die Wirtschaft durfte frei exportieren und die Bauern konnten dort einkaufen, wo es günstiger war. Gleichzeitig sanken die Agrarpreise deutlich. Direktzahlungen sollten erst die Verluste ausgleichen und später das abgelten, was der Markt nicht abgilt, wie Leistungen für die Umwelt, den Boden, das Tierwohl, das Wasser oder das Klima.“ Auf europäischer und internationaler Ebene entwickelten sich die Agrar- und die Lebensmittelwirtschaft, genauso wie die übrige Wirtschaft, global und weltweit arbeitsteilig. Konrad: „Man lagerte die Produktion in den Osten aus, wo die Arbeitskräfte billiger waren. Anfangs waren es die ehemaligen Ostblockstaaten, die bestimmte Produktionsschienen aus dem Westen übernahmen, dann wurde die Produktion in den Fernen Osten, allen voran nach China, verlegt. Und vor menschenunwürdigen Verhältnissen in solchen Fabriken wurden halt die Augen verschlossen.“
Der Meister-Obmann aus Lieboch bei Graz zieht rückblickend eine eher triste Bilanz: „Erst jetzt merkt man in Österreich und auch in der EU, was es heißt, sich in lebenswichtigen Bereichen nicht mehr selbst versorgen zu können.“
Der Griff zu regionalen Lebensmittel sichert die heimische Landwirtschaft! © BMLTR_Alexander Haiden |
Der Griff zu regionalen Lebensmittel sichert die heimische Landwirtschaft! © BMLTR_Alexander Haiden |
Auf die Frage, was man denn in Zukunft besser machen könnte, zögert er nicht lang. Er verlangt, dass „man in Österreich und in Europa alle essenziellen Produkte selbst erzeugen soll“. Und Konrad setzt nach: „Das muss man sich leisten.“ Hier hätte auch die öffentliche Hand eine Verantwortung: „Es gibt seit einigen Jahren in der öffentlichen Beschaffung die Möglichkeit, dass der Bund, das Bundesland oder die Gemeinde nicht den Billigstbieter, sondern den Bestbieter nimmt. Auf diese Art und Weise hätten auch die regionalen Anbieter eine echte Chance. Denn deren Produkte haben nicht Tausende Kilometer am Buckel. Sie sind frischer, sichern Wertschöpfung und Wirtschaftskraft in der Region und das Geld bleibt im Land.“ Auch den Lebensmittelhandel sieht Konrad hier in der Pflicht: „Wir brauchen keine Preisschlachten mit importierter Billigware, die unserer klein- und mittelbäuerlichen Struktur schaden.
Wir wollen ein regionales und saisonales Angebot an Obst und Gemüse. Da appelliere ich auch an die Konsumenten, hier bewusst nach Regionalität zu greifen. Auch, wenn das österreichische Produkt wenige Cent teurer sein sollte.“ Denn, so schließt Obmann Konrad, wir alle bräuchten diese Veränderungen, diese Neuorientierung dringend. Weil: „Es stellt sich nicht die Frage, ob wir es uns leisten können, etwas zu verändern, sondern die Frage lautet, ob wir es uns leisten können, nichts zu verändern.“
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07.06.2020
Autor:Meister Bundesverband